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AutorenbildWandermeile

Abschluss unserer Schweizumrundung


Für den Abschluss unserer Schweizumrundung erwartet uns nochmals ein Highlight: Der Prättigauer Höhenweg. Von St. Antönien, einem ursprünglich erhaltenem Walserdorf wandern wir hoch zur Carschinahütte. Wir werden die Hütten des Prättigauer Höhenweges nur zur Verpflegung gebrauchen. Übernachten wollen wir die letzten Tage unserer langen Wanderung in unserem Zelt. In der Carschinahütte sitzen wir an der Sonne, geniessen Kuchen, fantastische Aussichten auf die Kalkberge des Rätikons und plaudern lange mit einem Mann, der mit seiner erwachsenen Tochter da ist. Der Vater ist ein passionierter Jäger und erzählt uns stolz von der Jagd. Wir erfahren, dass jeder Jäger nur drei mal in seinem Leben einen Steinbock jagen darf. Und dazwischen immer zehn Jahre liegen müssen.

In der Abendsonne wandern wir weiter und suchen uns einen geeigneten Schlafplatz. Hanspeter scheut den zusätzlichen Aufstieg zum Drusentor nicht um einen Blick ins benachbarte Österreich zu werfen. Ich sitze in dieser Zeit gemütlich an der Sonne und lese. Unterhalb des Drusentors finden wir eine flache Stelle, umgeben von Wollgras mit einer fantastischen Aussicht ins Tal. Hier bleiben wir, stellen nur das Innenzelt auf, damit wir freie Sicht in den Sternenhimmel haben. Der fast volle Mond scheint hell ins Zelt und Sterne sehen wir kaum, da wir wie Murmeltiere schlafen.

Die nächste Tageswanderung zur Schesaplanahütte ist weit. Wir merken wieder einmal, was es ausmacht, wenn der Kopf nicht auf eine lange Wanderung eingestellt ist. Wir rechneten nämlich mit einer kürzeren Wanderung und wurden von der Länge überrascht. Sofort sind die Beine müde und wollen nicht mehr so recht. Dabei sind die Aus- und Tiefblicke ins Prättigau spektakulär und der Wanderweg führt nah an den brüchigen und verschrundeten Kalkbergen entlang mit interessanten Felsformationen. Wir sind aber froh, als wir in der Schesaplanahütte ankommen. Wir füllen die Wasservorräte auf, essen etwas und bekommen auch ein Lunchpaket für den nächsten Tag mit. Gestärkt machen wir uns wieder auf den Weg um einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Wir sind froh, dass wir unser Zelt dabei haben. Es war viel los in der Hütte und wimmelte nur so von Berggänger. Bald schon entscheiden wir uns für einen Campingplatz nah an einem Bergbach. Zwar etwas in steilem Gelände, dafür aber am Wasser. Das finde ich immer herrlich, wenn keine Duschmöglichkeit, dann wenigstens ein erfrischender Bergbach mit Badebecken. Das tut gut.

Wir schlafen auch trotz der Hanglage nicht schlecht und wandern weiter. Schon bald erreichen wir eine Alp mit Brunnen, wo wir unsere Wasserflaschen wieder auffüllen können. Auf der Wanderung aufs Fläscher Fürggli haben wir zweimal die Möglichkeit ein erfrischendes Bad zu geniessen. Das erste Bad ist überraschend und nicht voraussehbar. Auf dem Wanderweg steht eine Badewanne als Kuhtränke. Dies ist zwar nicht ungewöhnlich, sind wir doch solchen Tränken schon mehrmals begegnet. Aber diese Wanne wird von frischem Bergbachwasser gespiesen und ist vor allem sauber und das Wasser ist glasklar. Nein, da kann uns nichts mehr halten und rein ins Vergnügen. Das kalte Wasser nimmt uns kurz den Atem aber danach ist es Genuss pur. Mitten auf der Alp, mit spektakulärer Bergsicht in einer Badewanne suhlen. Das ist Freiheitsgefühl pur.

Gut gelaunt gehts weiter zum Obersäss mit den drei Seen, die alle ausgeklügelte Namen haben. Der unterste heisst Unterstsee, der Mittlere Mittlersee und der oberste Oberstsee. Der Unterstsee ist total ausgetrocknet und lässt sich problemlos durchwandern. Dies sei fast jeden Sommer so. Aber auch der Mittlersee ist trocken und dies sei doch eher aussergewöhnlich. Um den Oberstsee zu erreichen trennt uns nochmals ein steiler Aufstieg. Wunderschön blau leuchtet uns der Oberstsee entgegen. Zuerst haben wir geplant hier das Zelt aufzustellen. Aber weil wir heute noch den Falknis besteigen wollen beschliessen wir noch auf das Fläscher Fürggli aufzusteigen und da zu campieren. Bevor wir uns an den steilen Aufstieg machen gönnen wir uns aber ein erfrischendes Bad im See. Ein Hirt kommt mit seiner Kuhherde zum See und es wimmelt von neugierigen Kühen die ihren grossen Kopf in unsere sieben Sachen stecken. Wir sind froh, dass wir uns entschieden haben nicht hier zu campieren.

Nach dem Bad steigen wir die 200 Höhenmeter hoch zum Fläscher Fürggli. Was für ein erhabener Übernachtungsplatz für unsere letzte Nacht auf unserer Schweiztour. Fast senkrecht runter geht es auf der anderen Seite gegen Bad Ragaz, Mitten in der Bergwelt und da steht unser kleines Zelt. Wunderschön.

Wir steigen in der warmen Abendsonne hoch auf den Gipfel des Falknis auf 2560m. Das ist unser würdiger Abschluss. Sensationelle Bergsicht und eine tiefe Zufriedenheit macht sich in uns breit. Wir haben es geschafft, wir haben es genossen, wir sind glücklich.

Der Abstieg am nächsten Morgen ist mir nicht ganz geheuer. Vom Fläscher Fürggli runter zur Enderlinhütte und nach Bad Ragaz ist ein ausgesetzter und steiler Bergweg. Es wurde uns schon von Vielen abgeraten, diesen Abstieg zu begehen, da es gefährliche, ausgesetzte Stellen habe und dies nichts für schwache Nerven sei. Auch von erfahrenen Bergwanderer wurde uns abgeraten mit unserem schweren Gepäck diese Route zu gehen. Wir haben dies oft diskutiert zusammen und ich hatte Respekt und machte mir etwas Sorgen da ich ja nicht ganz schwindelfrei bin. Ich nenne mich schwindelarm. Da das Wetter gut und trocken ist und Hanspeter die Alternative, die Fahrt mit der Aelplibahn, nicht würdig findet für unseren Abschluss, entscheiden wir uns den Abstieg zu wagen. Wir wollen uns an den Abstieg machen, als eine Wandergruppe von der Aelplibahn ufgestiegen zum Fläscher Fürggli kommt und fragt ob wir da runter wollen. Dies sei gefährlich, ob uns das bewusst sei. Ich reagiere selbstbewusster als ich mich fühlte und erwidere, dass wir dem bewusst seien und wir gute Berggänger seien. Jetzt aber los, bevor wir noch unsicherer werden.

Der Abstieg erweist sich als sehr steil, blau-weiss-blau markiert, aber eine Wegspur sichtbar. Wir wandern langsam und vorsichtig. Es gibt verschiedene Felsbänder zu traversieren die extrem ausgesetzt und schmal sind. Eine Kette gibt da etwas Sicherheit. Ein falscher Tritt würde einen Absturz mit schweren Folgen bedeuten wenn nicht sogar tödlich enden. Wir meistern diese Stellen vorsichtig aber angstfrei, klettern mehr oder weniger elegant über Felsen runter und sind glücklich und zufrieden als wir in der Enderlinhütte ankommen. Der weitere Abstieg ist immer noch steil aber nicht mehr ausgesetzt oder gefährlich. Noch ein letztes Bad in einem Bergbach und wir sind unten im Tal fast 1700 Höhenmeter tiefer. Da nimmt uns die Sommerhitze fast den Atem.

In Bad Ragaz auf dem Campingplatz holt uns die Zivilisation wieder ein. Der Platz ist voll, es ist der 1. August, die Fussballmannschaft Borussia Dortmund ist in Bad Ragaz im Trainingslager und viele Fans sind mitgereist. Für uns bleibt noch ein Rasenstück vor der Toilettenanlage. Etwas sehnsüchtig schauen wir hoch zum Falknis. Was für ein krasser Unterschied zwischen den Übernachtungsplätzen.

In Bad Ragaz treffen wir unsere Freunde Annerös und Alfred, die mit dem Camper angereist sind. Zusammen feiern wir den 1. August und der Abschluss unserer Rundumtour in der beleuchteten Taminaschlucht. Ein würdiger Abschluss.


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